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#6 Geneviève Morin – Clair-Obscur

Vernissage

Do. 5. September 2019,
18 h – 21 h

Ausstellung

Fr. 6. September
bis Sa. 2. November 2019

Künstlergespräch

Fr. 18. Oktober, 19 h
Mit Jonas Baumann, Andreas Berde, Samuel Blaser, Alex Bleuler, Geneviève Morin,
Thomas Ritz und Uwe Walther.

Finissage/
Performance

Sa. 2. November 2019, 18h
Entre deux Improvisation Butho mit Flavia Ghisalberti (Tanz) und Frank Heierli (Musik)

Doppelausstellung mit gallery downstairs

GENEVIÈVE MORIN
CLAIR-OBSCUR

Malerei, Zeichnungen und Hinterglas-Malerei

Clair Obscur als Titel der Ausstellung weist in seiner Bedeutung auf einen Zwischenzustand hin, wo Licht und Dunkel sich vermählen und wir in das Reich der Schatten und Geister eintreten. Sinnliche Eindrücke und Erlebtes werden vage wahrgenommen und verschwinden in der Dämmerung einer anderen Welt. Es ist eine Welt voller Geheimnisse, die beseelt ist von Tieren, Naturgeistern, Feen und Kobolden. Gesichter tauchen maskenhaft auf und verflüchtigen sich in die Dunkelheit. Die Bäume summen ein Lied aus alten Zeiten und Felsen entblössen ihre innewohnende Gestalt. Traumgleich wandelt es sich im Schattenreich, wo die Wahrnehmung sich in eine andere Dimension erschliesst. 

Genevieve Morin nimmt uns mit auf eine Reise in das Reich der Zwischenwelten und innerseelischen Zwischenzustände, wo sie im künstlerischen Prozess die tiefen Schichten ihrer Seele durchdringt und auf ihren grossformatigen Bildern eine glühend sinnliche Spur ins Reich des Unbewussten hinterlässt.

Sie bedient sich der klassischen Disziplin der Ölmalerei, die es ihr erlaubt, in den unterirdischen Schichten Flüchtiges und Unfassbares mittels Pinsel und Farbe forschend abzutasten, um es schlussendlich im Lichtglanz seiner ureigenen Gestalt auf die Leinwand zu bannen. Sie schöpft aus einem reichen Bilderarchiv, das genährt wird durch Träume, Phantasie und konkrete Vorlagen, die aus dem Leben gegriffen sind. Wir erhalten Einblick in eine Welt, die in ihrer figurativ abstrakten Ausformung symbolischen Charakter annimmt und in ihrer Anlage der Ausführung bruchstückhaft, angedeutet, unfertig, rätselhaft und geheimnisvoll bleibt.

Radikales Drängen, nach unten, nach oben, zur Seite, quer, hinabtauchend, wieder auftauchend … alles zielt nach Verzweigung, auf Tiefenstruktur hin. 

Wir befinden uns in einem verwobenen Netz aus Traum und Wirklichkeit, welches sich dem Missverhältnis von Natur und Mensch entzieht und sich abwendet vom rationalen Geist und seinem beengenden Wirkungskreis des Alltags. Gesetze sind hier ihren Prinzipien enthoben oder sind vollends aufgehoben, wie zum Beispiel im Bild ni ange ni bete das Gesetz der Schwerkraft.

Die Gegensätzlichkeit von Licht und Dunkel, Idylle und Bedrohung, Ordnung und Chaos, zieht sich durch ihr ganzes Werk, so, als existierte ihr äusseres und ihr inneres Ich in getrennten Sphären, die ständig aufeinander prallen im gleichzeitigen Versuch, sich die Balance zu halten. 

In diesem Spannungsfeld der Gegensätze gebiert die Künstlerin einen farbgewaltigen Kosmos, in den wir als Betrachter mit offenen Augen eintauchen, um uns im Traum einer erwachten Seele wiederzufinden. Die traumgleichen Landschaften sind beseelt von Tieren Menschen und Chimären, mythologischen Archetypen unserer eigenen Seele. Die Protagonisten sind selten allein. Sie sind in Gesellschaft von Schutzgeistern oder aber auch von bedrohlichen Dämonen, die wie ein unheilvoller Schatten über der Sehnsucht nach Liebe und Verbundenheit schweben…

… und dann streckte sie lang ihre leuchtenden Arme wurzelartig aus, erhaschte eine weisse Feder im freien Fall, strich sich damit sanft über ihr gelbes Haar und lauschte still in die dunkle Nacht. Und von weit her vernahm sie ein dunkles geheimnisvolles Flüstern, das da drang zu Ihr hinab vom roten Monde, und sie wusste, wie damals Rimbaud, dass

das Leben anderswo ist… und die Liebe wohl auch.

Flavia Ghisalberti
August 2019

 

 

Bild: Ni ange ni bête, 2018–19, Öl auf Baumwolle, 160 cm × 200 cm.